links ein großer Kreis mit den Dächern von Lübeck, im Hintergrund der Dom zu Lübeck. Schräg rechts überlappt ein kleinerer Kreis mit frm Gesicht von Steffi Niemann

Steffi Niemann - Blick auf den Dom zu Lübeck Copyright: Steffi Niemann

Die Welt wird eine andere sein

Dies sind persönliche Gedanken zur aktuellen Situation von Steffi Niemann, zuständig für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Projekt „Sieben Türme will ich sehen“. Mut haben und Mut weitergeben in Zeiten von Corona ist wichtiger denn je.

Als ich vor zweieinhalb Jahren mit meiner besten Freundin in ein Altstadthaus zog, begeisterte mich neben der Urgemütlichkeit des auf Mauern eines ehemaligen Klosters gebauten Hauses der Blick aus den oberen Fenstern. Über die Dächer hinweg stehen die Domtürme. Stark und fest. Ob bei Tag oder Nacht, bei Regen, Sonne und im Mondschein – immer wieder fällt mein Blick auf die Zwillingstürme und ich lasse ihn gerne dort verweilen.

Gerade jetzt, wenn ich am Laptop im Homeoffice E-Mails beantworte, Texte schreibe und Fotos bearbeite, tröstet mich diese Aussicht. Ich höre die Glocken läuten, die Vögel zwitschern und die Tastatur klackert leise vor sich hin. Sonst ist es ruhig. Die Welt steht still, so fühlt es sich momentan an. Ein Zustand, den ich mir nie hätte träumen lassen mitzuerleben. Vor einigen Wochen noch verfolgte ich die Nachrichten zum Coronavirus mit Spannung, die sich dann immer mehr in Sorge wandelte. Was, wenn auch wir in Deutschland italienische Zustände bekämen? Was, wenn jemand aus meiner Familie oder meinem Freundeskreis erkrankt? Was, wenn ich krank werde?

Immer öfter schiebe ich sorgenvolle Gedanken weg, um mich nicht in Gänze von ihnen vereinnahmen zu lassen. Ich meditiere, wie sonst auch, doch es fällt mir merklich schwerer als sonst. Ich spreche mit meiner Familie, mit meinen Freunden und mit lieben Menschen per Videochat. Nicht nur über die momentane Situation. Wir lachen oft, um schnell wieder zu verstummen. Alles ist anders in diesen Tagen. Auch die Frage „Wie lange noch?“ beschäftigt mich und meine Lieben. Wir wissen es nicht, keiner weiß es.

In einer Krise steckt auch immer eine Chance, heißt es. Die Chance zu wachsen, Dinge künftig anders und besser zu machen. Was „die Kirche“ betrifft, setzt sie nun verstärkt auf digitale Angebote, wird moderner. Klar ist aber auch: Das Netz ersetzt keine persönlichen Gespräche. Ich bin sehr froh, nicht allein zu sein in dieser Zeit. Alle, die es sind, können gewiss sein, dass sie in Gebete und guten Gedanken ihrer Mitmenschen aufgenommen werden. Eine Gesellschaft rückt näher zusammen, wenn auch nicht körperlich.

Eben las ich einen Artikel, dass nach dieser historischen Krise die Welt eine andere sein wird. Dass die „Höher-schneller-weiter-immer-mehr-Mentalität“ ausgedient hat, dass das Globale lokalisiert wird – und, sehr erfreulich – dass der „Seelenmüll“ im Netz stark zurückgeht. Eine Besinnung auf das Wesentliche. Auf das Menschsein. Mal wieder mehr Bücher lesen, die Natur bewusst genießen, dankbar sein. Runterfahren. Nach der Angst kommt neuer Lebensmut und Tatendrang.

Und so wandelt sich die Sorge langsam in Zuversicht. Es wird weitergehen. Vielleicht ja sogar besser als bisher.

Foto: Mein Blick auf die Domtürme. Eine Einladung zum Entspannen, Gedanken schweifen lassen und Trostfinden.
Der Text erschien im Sonder-Gemeindebrief des Doms zu Lübeck: „Zuversicht“